Berufsgeschichte
Unser Konditoren Handwerk
ist noch verhältnismäßig
jung. Es ist fast aussichtslos, jetzt noch feststellen zu wollen, wer sich
zuerst als Konditor bezeichnete oder von andern so genannt wurde.
Anscheinend ist die Bezeichnung " Konditor " nicht vor dem 17. Jahrhundert,
sicherlich jedoch in dessen Verlauf bei uns aufgekommen, aber die Menschen
hatten von alters her eine Vorliebe für Süßigkeiten. Es ist uns überliefert,
dass schon die Babylonier und Ägypter einige Jahrtausende vor unserer
Zeitrechnung süße Brote verzehrten und den Göttern zu besonderen Anlässen
opferten. Von griechischen und später auch römischen Geschichtsschreibern
wissen wir, dass auf festlichen Gelagen Torten gereicht wurden, die mit
spanischem Honig glasiert und mit in Honig eingekochten Früchten belegt
waren. Als Süßungsmittel war nur der Honig bekannt, der Zucker fehlte den
damaligen Vorläufern unseres Handwerks noch ganz.
Der Zucker wurde in
Europa erst durch Alexander den Großen (356-323 v. Chr.) bekannt, den seine
Kriegszüge bis in das ferne Indien führten, das die Urheimat des Rohrzuckers
ist. Dort nannte man diesen kostbaren Artikel "Sarkara", ein Wort, das heute
noch das Gerippe für fast alle europäischen Bezeichnungen für Zucker bildet.
Eingeführt in Europa wurde der Rohrzucker erst im achten Jahrhundert durch
die Araber, als diese von Marokko her in Spanien einfielen. Kreuzritter, die
bei den Arabern Zuckerrohr sahen, nannten es Honigrohr. Bald entspann sich
ein lebhafter Handel und die seefahrenden Städte Italiens, wie Venedig und
Genua, holten den begehrten Zucker aus den östlichen Mittelmeerländern,
veredelten ihn durch Reinigung und verschickten dieses Produkt dann in die
anderen europäischen Staaten. Aber der Zucker wurde noch lange kein
Allgemeingut, denn durch seinen ungeheuer hohen Preis war er den begüterten
Kreisen und den Höfen vorbehalten.
Die erste Kunde über Zuckerbäcker liegt uns aus
Italien vor, wo an den verschiedensten Höfen schon im frühen Mittelalter
Zuckerbäcker wahre Wunderwerke von Aufsätzen und Kuchen auf die Tafel
brachten. Auch in den Klöstern und an den Höfen italienischer und
französischer Edelleute wurde das Kuchenbacken zu einer hohen Kunst
entwickelt. Besonders die Pastetenbäckerei kam zu hoher Blüte. Es wird uns
von einem Gastmahl am burgundischen Hof berichtet, bei dem eine
Pastete aufgetragen wurde, der ein
Zwerg entstieg und die außerdem noch mit den schönsten Dingen gefüllt war.
Eine schon früh entwickelte Spezialität war das Kandieren von Früchten und
die Herstellung feiner Konfitüren. Besonders in Frankreich spezialisierte
man sich darauf, Früchte auf diese Art haltbar zu machen. Auch heute noch
erfreuen sich französische Konfitüren großer Beliebtheit.
Fassen wir die Ausführungen zusammen, so zeigt es:
Das Konditoren Handwerk und der Beruf Konditor ist zusammengesetzt aus
folgenden Berufen:
den Lebküchlern, die Honig verarbeiten den Zuckerbäckern, die von Italien
her einwanderten, den Pastetenbäckern, die in Frankreich spezialisierten und
den Apothekern, deren Vorrecht es war, Früchte und Wurzeln zu kandieren.
Hier empfiehlt es sich,
etwas über das Wort Konditor, seine Herkunft und Bedeutung zu sagen. Es ist
zwar sehr verführerisch, Konditor von kandieren abzuleiten, doch hält diese
Ableitung weder den sprachwissenschaftlichen noch den
wirtschaftgeschichtlichen Erkenntnissen stand. Das Wort Konditor leitet sich
vielmehr ab von dem lateinischen "condire", welches einmachen oder würzen
bedeutet. Im Apothekerlatein des Mittelalters bedeutete "condire" das
Einmachen - Haltbarmachen von Früchten in Zucker. Die Sammelbezeichnung
dieser "eingemachten Früchte" war "Condita", wie wir den Apothekertaxen, das
sind Preislisten, des 15. und 16. Jahrhunderts nachlesen können. Verfolgen
wir die Berufsbezeichnung Konditor weiter, so sehen wir , dass nur die
deutsche Sprache Konditor von condire ableitet. Die entsprechenden
Berufsbezeichnungen im Französischen und Englischen leiten sich ab von
conficere, verfertigen; im Italienischen von pasta, Teig. Es ist kein
Zufall, dass Italiener heute noch als Eishersteller einen guten Ruf haben,
war es doch einer ihrer Landsleute, der dies köstliche Erfrischung schon im
17. Jahrhundert erfand. Einige Jahre später eröffnete ein Italiener namens
Cubelli in Paris ein Kaffeehaus, in dem er seinen begeisterten Gästen
"Gefrorenes" servierte. Von da an nahm das Eis seinen Siegeszug durch die
ganze Welt.
In Deutschland waren es
zuerst die Lebküchler, die sich zu Zünften zusammenschlossen und es
verstanden, süße Leckereien herzustellen. Im Jahre 1645 zweigten sich die
Zuckerbäcker von den Lebküchlern ab, und es wurde festgesetzt, dass die
Lebküchler nur dunkles und die Zuckerbäcker nur helles Gebäck herstellen
durften. Das Konditorenhandwerk kannte keine Zünfte, da es nicht einmal
genug Konditoren gab, um sich zusammenzuschließen zu können; zum anderen war
die Nachfrage nach Konditoreierzeugnissen, bedingt durch den
außerordentlichen hohen Zuckerpreis, auf Fürstenhöfe und reiche
Patrizierhäuser beschränkt. Doch eine ganz besondere Entwicklung nahm diese
Zuckerbäckerei erst, als der Chemiker Andreas Marggraf 1747 feststellte,
dass in der Runkelrübe ein dem Rohrzucker ähnlicher Stoff enthalten ist.
Sein Schüler Franz- Carl Achard griff diese Feststellung auf, baute nach
jahrelangen Versuchen und Züchtungen am Anfang des 19. Jahrhunderts die
Zuckerrübe im großen an und stellte den ersten Rübenzucker her. In
Deutschland wurde die erste Zuckerraffinerie in Augsburg gegründet. Es
folgten dann im 16. Jahrhundert noch mehrere in ganz Deutschland, aber der
dreißigjährige Krieg ließ nur eine einzige übrig, die ihren Sitz in Hamburg
hatte. Nach dem Westfälischen Frieden 1648 wurden wieder hundert
Zuckerfabriken in Deutschland errichtet; die Preise lagen aber noch zu hoch
und die Kapazität der Raffinerien war nur klein. Das Ergebnis war gegen
unsere heutige Ausbeute sehr gering, aber der Anfang war gemacht. Heute
liefert die Zuckerrübe weit mehr als ein Drittel des Weltzuckerverbrauchs.
Der Zucker wurde nun in einem immer größeren Maße für das Volk erschwinglich
und im Laufe der Entwicklung ein regelrechtes Nahrungsmittel, das man sich
aus dem täglichen Speiseplan nicht mehr Fortdenken könnte.
Unser Handwerk wurde
hierdurch besonders gefördert und der Kauf der Erzeugnisse der süßen Kunst
allen Kreisen möglich gemacht. Zur gleichen Zeit, als sich die
Konditoreiwaren für eine breitere Käuferschicht erschwingen ließen,
entwickelte sich, aber vollkommen getrennt, die Einrichtung des
Kaffeehauses. Geschickte Konditoren waren es, die beide Einrichtungen zu
Konditorei- Cafe´s kombinierten, die so erfolgreich waren, dass beide heute
nicht mehr zu trennen sind. Durch die Privatinitiative geschickter
Konditormeister entstanden Kaffeehäuser und Konditoreien, die
internationalen Ruf besitzen. Von je her haben sich die Schweizer Konditoren
um unsern Beruf verdient gemacht, indem sie ihn durch manche Spezialitäten
bereichert haben. Die Deutsche Konditorei hat sich ebenfalls einen guten
Namen gemacht, wenn sie auch immer durch Kriege erheblich zurückgeworfen
wurde. Deutsche Konditoren sind im Ausland sehr geschätzt und tragen den Ruf
unserer Erzeugnisse in die Welt. Diese Tradition gilt immer wieder aufleben
zu lassen und zu festigen. Vor allen Dingen müssen wir unserm Nachwuchs
wieder das Wissen vermitteln, um neben den ausländischen Kollegen bestehen
zu können. Unser Beruf sollte sich, wie alles Lebendige, in einer ständigen
Weiterentwicklung befinden.
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